AG Neuss - Urteil vom 17.2.1989 - 81/36 C 328/88


Sachverhalt:
Kläger und Beklagter sind benachbarte Grundstückseigentümer.
Der Beklagte pflanzte im Winter 1973/1974 mit einem Abstand von 33 Zentimetern zu Grundstücksgrenze mehrere Fichten. Diese waren 1974 ca. 1 m hoch. Mittlerweile haben sie eine Höhe von 6 m.

Der Kläger verlangt Beseitigung bzw. höhenmäßige Beschneidung der Fichten.
Die Fichten seien zunächst als Hecke einzuordnen gewesen. Infolge des Wachstums seien sie 1984 von einer Hecke wieder zu einer Baumreihe geworden. Die Fichten nehmen dem Ziergarten des Klägers die Sonne. Die Freizeitgestaltung im Garten sei unter Sonnengesichtspunkten nur noch äußerst beschränkt gegeben.

Antrag des Klägers:
-Beseitigung der Fichten,
hilfsweise:
-Beschneidung der Fichtenhecke auf eine Höhe von zwei Metern

Entscheidung des Gerichts:
Es besteht weder ein Anspruch auf Beseitigung noch auf Beschneidung der Fichten.

Geprüfte Anspruchsgrundlagen:
1.
§§ 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 41 Abs. 1, Nr. 1a, 42 a + b, 50 NachbG NW.
Ein Anspruch wäre an sich gegeben, allerdings nach § 47 NachbG NW ausgeschlossen, da der Kläger nicht binnen sechs Jahren nach der Anpflanzung der Fichten Klage auf Beseitigung bzw. Beschneidung der Fichten erhoben hat.
2. Grundsätze des nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses.

Rechtliche Prüfung des Gerichts:
1.
a. Nach § 1004 BGB kann der Kläger als Eigentümer seines Grundstückes wegen des Vorliegens von Eigentumsbeeinträchtigungen gegen seinen Nachbarn als Störer Beseitigung oder Unterlassung der Störung verlangen. Nach den nachbarrechtlichen Vorschriften wäre der Kläger auch nicht zur Duldung gemäß § 1004 Abs. 2 BGB verpflichtet, da der Beklagte die erforderlichen Grenzabstände nicht beachtet hat:
-Nach § 41 Abs. 1 Nr. 1a NachbG NW müssen stark wachsende Bäume einen Abstand von 4 Metern, alle übrigen Bäume einen Abstand von 2 Metern zur Grundstücksgrenze einhalten.
Da die Fichte den stark wachsenden Bäumen zuzuordnen ist, hätte ein Abstand von 4 Metern eingehalten werden müssen, was der Beklagten nicht beachtet hat.
-Nach § 42 a oder b NachbG NW müssen Hecken über 2 Meter Höhe einen Abstand von 1 Meter, Hecken bis 2 Meter Höhe einen Abstand von 0,5 zur Grundstücksgrenze einhalten.
Würde man also die Fichten als Hecke ansehen, so wäre der 33 Zentimeter-Abstand ebenfalls nachbarrechtswidrig.

b. Nach § 47 NachbG NW ist der Beseitigungsanspruch allerdings ausgeschlossen, wenn nicht binnen sechs Jahren nach der Anpflanzung Klage auf Beseitigung erhoben wurde.
Die Ausschlussfrist war spätestens 1981 abgelaufen. Der nachbarrechtswidrige Zustand war bereits zum Zeitpunkt der Anpflanzung vorhanden und zwar unabhängig davon, ob die Fichten als stark wachsende Bäume oder Hecke anzusehen sind (siehe oben).
( § 47 NachbG NW käme nur dann nicht zur Anwendung, wenn der nachbarrechtswidrige Zustand nicht bereits bei ans Anpflanzung gegeben war, sondern erst später infolge der Veränderung des Wachstums eingetreten ist. Dies ist aber nicht der Fall.)
Da der Kläger erst jetzt und nicht bis 1981 Klage erhoben hat, ist sein Beseitigungsanspruch ausgeschlossen.

2.
Weitergehender Rechtsgrundlagen sind nicht ersichtlich. Die Entziehung von Licht und Luft durch Bäume auf dem Nachbargrundstück ist nach dem BGB grundsätzlich nicht abwehrbar, denn es handelt sich um so genannte negative Einwirkungen.
Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die Ausübung des Herrschaftsrechtes missbräuchlich wäre, so dass sich aus dem nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis (§ 242 BGB) ein Abwehranspruch gegen die Schädigung ergibt.
Ein derartiges missbräuchliches Verhalten des Beklagten ist aber nicht zu erkennen.